Liebe Freunde, liebe Leser der PITTER-Geschichten
Ein neues zweites Buch mit der aus dem Trierischen Volksfreund bekannten Figur des Korlinger PITTER ist nach dem Band „DER PITTER. Korlinger Geschichten 1“ entstanden. Weitere 25 Erzählungen werden im Spätherbst im Verlag éditions trèves, Trier erscheinen. Ca. 50 schöne Illustrationen von Christina Bublitz machen das Geschehen anschaulich. – Die Zeit geht weiter, und mit ihr das Leben und Wirken vom Pitter, der jetzt in die französische Revolution (1789) und die Besatzungszeit im Trierer Land (bis 1814) gerät. Die alte klerikale und feudale Herrschaftsordnung ist aufgehoben – aber auch die Freiheit der citoyens hat ihren Preis.
Eine neue Welt entsteht, die mit neuem Geld, neuen Maßen und neuem Kalender die Ideale der französischen Revolution im Trierer Land implantieren will. Und natürlich auch die Entchristlichung, da ja von nun an nur noch die ´Religion der Vernunft` herrschen soll. Napoleon trifft der Pitter tatsächlich im Jahr 1804, als dieser die linksrheinischen Gebiete mit viel Pomp besucht. Dabei bewahrt unser Pitter die Trierer Liebfrauenkirche vor dem Abriss!
Lesen Sie, ob unsere Dickschädel von Mosel und Ruwer das alles mitmachen und wie der Pitter Probleme und Konflikte der kleinen armen Ruwertalgemeinde zu einem guten Ende bringt.
Mit freundlichem Gruß
Bernhard Hoffmann, Korlingen
Illustrationen von Christina Bublitz
Pitter, Napoleon und das Trierer Land
Korlinger Geschichten II
Pitter, Napoleon und das Trierer Land, 140 S. mit 50 farbigen Aquarellen von Chr. Bublitz, Hardcover
Subskriptionspreis bis 15.11.2023: 20,00 €
Bestellungen an: hoffmann1530@aol.com oder Tel. 06588-1530 (falls Anrufbeantworter bitte Anschrift und Telefonnr. angeben)
Übrigens ein wunderschönes wertvolles Weihnachtsgeschenk!
Der Pitter und Napoleon
Jetzt wollten der Pitter und die Katharina das selbst sehen, diese allgemeine Begeisterung, die er nicht hatte glauben wollen. Naja, seit Napoleon die Kirchen aus der Säkularisation ausgenommen hatte und den Code Civil erlassen hatte, war auch der Pitter dem Kaiser wohl gesonnen. So machten sie sich am nächsten Morgen nach Trier auf, zwei Kinder im Bollerwagen hinter sich herziehend. – Herrje, was war die Stadt geschmückt, alle Blumen, die der Fructidor hergab, rote, weiße, gelbe Dahlien und Astern und Chrysanthemen und Laubgebinde, die man sich nur denken konnte, hatte man herbeigeschafft, alles blitzte vor Sauberkeit, und dann der helle Sand auf den Straßen – wunderschön war das!
Na, aber jetzt zur Sache: schaut, da kommt der Kaiser aus dem Palais Walderdorff; jedenfalls muss er es sein, denn da glänzen die Uniformen der Leibgarde und der begleitenden Minister, Talleyrand ist dabei. Er selbst trägt die einfache blaue Uniform ohne die mindeste Auszeichnung am Revers und den schwarzen Hut mit der Kokarde. Bischof Mannay lässt alle Glocken läuten und erwartet ihn vor dem Dom in vollem Ornat, die Priester in zwei Reihen hinter ihm, 50 Chorknaben in weißen Kleidern stehen Spalier bis zum weit geöffneten Eingang, aus dem das Brausen der Orgel ertönt, bereit zum Te Deum; dem Bischof reicht der Herrscher freundlich die Hand – und geht vorbei. Mannay brummt verärgert, aber Talleyrand vertröstet ihn auf den Empfang am Abend. – Jetzt steht er vor Liebfrauen, das störende Gemäuer gefällt ihm neben dem Dom nicht, zu dicht, nicht römisch, zu gotisch. Solche Monstren haben wir zur Genüge in Frankreich, und weit größere, sagt er zum Präfekten Keppler. Am besten démolir – abreißen! Tja, das Französisch hat der Pfarrer von Liebfrauen nicht verstanden, sonst hätte er sicher nicht den frohen Mut gehabt, die Tore aufreißen zu lassen und mit breiter Geste einzuladen.
Widerwillig, allein der Höflichkeit gehorchend, ließ sich der Kaiser ins Innere bitten. Seinem römischen Auge missfielen sofort die mehrfach gerundeten Pfeiler, das Kreuzrippengewölbe, die vielen Rosetten und farbigen Maßwerkfenster, der Kaiser liebte die Geraden und nicht die Kurven, kein Geschwurbel, sagte er immer, sondern clarté, Klarheit anstatt dieses barbarischen Geschmacks, von dem Göthe „als abgesagter Feind der verworrenen Willkürlichkeiten gotischer Verzierungen“ gesprochen hatte. Das war allerdings, bevor er das Straßburger Münster vor sich hatte –. Natürlich führte man Napoleon zum berühmten Punkt, von wo aus man alle zwölf Säulen zugleich sehen konnte. – Und dahin hatte der Pitter die Katharina und die Kinder schnell gezogen, weil er wusste, dass jeder Besucher auf diesem Punkt stehen musste. Gelangweilt starrte seine Majestät in die Höhe und studierte die Fugen der Joche. Der Pfarrer begann: 1235 unter Erzbischof Theoderich von Wied begonnen, um 1260 schon vollendet undsoweiter und die Ordonanz übersetzte.
Und ich sage euch, die Sache hätte ein schlimmes Ende für den Prachtbau genommen, denn Napoleons Kunstgeschichte endete vor dem Jahr 1200. Aber jetzt – und ihr Trierer wisst das hoffentlich dem Pitter zu danken! – jetzt ergreift der Pitter wie beiläufig, aber so laut, dass es jeder im ganzen Rund hören konnte, das Wort: C`est étonnant que l`empereur veut faire démolir une architecture française.– Der Nachbar schaut ihn erschrocken an, es ist Stadtrat Hayn, was redet da ein Bauer französisch? Aber der Kaiser wäre nicht der Kaiser, wenn er das nicht gehört hätte. Was meint der Mann? fragt er. Und Recking zum Pfarrer: Schnell, der Erbauer! Und eilends erklärt der: französischer Ursprung – Künstler aus Nordfrankreich – Verbindung von französischer Konstruktionsweise mit Spätromanik – Vorbild Kathedrale zu Reims… Kein Zweifel? fragt der Kaiser. Kein Zweifel, zu originell, Zentralbau ohne Vorbild, ganz französisch, sans doute! Und der Pitter schmunzelt.
Denn jetzt bewegt sich Ihre Majestät wie auf schwebenden Teppichen durch das Monument. Er erkennt das gleicharmige Kreuz des Aufbaus, er nickt, zeigt, begeistert sich am Grundriss, lächelt. Und als er von der Quadratur und der Triangulatur und von den Apsiden aus drei Seiten eines Achtecks und den fünf Seiten eines Zehnecks bei der Hauptapsis hört, haben alle rundum in bravem Gehorsam das Lächeln im Gesicht. Ein solcherart gestaltetes französisches Meisterwerk soll gewürdigt werden, er lässt dem Pfarrer 600 Francs für nötige Baumaßnahmen übergeben. – Und rauscht davon, die Kutsche steht vor der Kirche, ab geht es zur Simeonkirche. Dass er die zum römischen Tor rückverwandeln ließ, wisst ihr ja. Und die Liebfrauenkirche, dieses kostbare Juwel französisch-deutscher Kunst durfte stehen bleiben, kein Wort mehr vom Demolieren und so. – Und was bekam der Pitter dafür? Gottes reichlichen Segen vom Pfarrer. Das war ihm schon lieb, aber ein paar Francs vom Bürgermeister Recking hätten auch nicht geschadet –.
Der Pitter und die Holzdiebe
Soldaten schlagen Holz im Korlinger Wald – die Dorfbewohner sind empört. Foto: Christina Bublitz
Oh, was für ein furchtbar kalter Winter das war. Da brannte das Feuer im Herd der Küche den ganzen Tag, damit man sich hin und wieder aufwärmen konnte. Und besser ging es auch nicht den französischen Besatzern in Trier. Da hatten zwar die Offiziere in den feinen Kaufmannshäusern oder bei den reichen Ratsherren ein warmes Unterkommen. Aber Bürger und Bauern froren – und damit auch die bei ihnen einquartierten Soldaten im Jahr 1795. Die mussten in den Küchen hocken, verqualmten alles und fühlten sehr deutlich, wie willkommen sie waren, jetzt wo Brot und Holz Mangelware waren. Ja, das Brot auch, denn es fehlten Mehl und Fleisch für so viele Münder. Dabei hatten im Sommer noch alle Hurra geschrien, als die Franzosen sie „befreiten“. Na ja, in der Not ist sich jeder selbst der Nächste.
Da zogen also die hungernden und frierenden Soldaten in kleinen Rotten mit Handkarren in die umliegenden Dörfer und requirierten Lebensmittel und Holz für ihre kalten Stuben. Was sollten sie machen, von ihrem mageren Sold konnten sie kaum etwas kaufen. Auch beim Pitter holten sie Schinken, Kartoffeln und Holz. Aber dann war das zu Ende: Die Reste brauchten die Bauern in diesem harten Winter für sich selbst. Also versteckte man alles. Lange Gesichter, lautes Geschimpfe. Gestohlen wurde nachts, die Korlinger waren auf der Hut.
Und so hören sie auch eines Morgens die Axtschläge im Wald an der „Naumetter Kupp“, als sie selbst an der Waldracher Straße Brennholz holen. Schnell hinauf ... wer schlägt da Holz? Wer schon – die Franzosen: Sechs Männer in Uniform fällen mit Äxten Bäume. Zwei liegen schon da, zwei werden schon zersägt. Unsere Korlinger sind außer sich, stürzen sich auf die Soldaten, entreißen ihnen die Äxte. Ein Gerangel, ein Schreien, deutsch, französisch – und dann: ein Schuss. Da sind alle erst mal still. Der ging zwar in die Luft, aber jetzt zielt der Schütze auf den Pitter und geht langsam auf ihn zu. „Trop humide – sêcher“, erklärt der Pitter furchtlos, „viel zu nass, das Holz muss trocknen.“ – „Weg, weg!“, bedeutet ihm der Soldat mit der vorgehaltenen Pistole. Was sollten die Einwohner da machen? Mit hängenden Köpfen schleichen sie davon – und hören schon nach wenigen Metern wieder die gleichmäßigen Axtschläge.
Wut hatten sie im Bauch. Wie lange so ein Baum brauchte, bis man ihn schlagen konnte, wussten die das nicht? Aber denen war das egal, die dachten nur ans Hier und Jetzt. Eine Beschwerde bei der Militärverwaltung in Trier würde nichts nutzen. Die hatte das und alle Plünderungen zwar verboten, schaute aber auch nicht so genau hin – zumal es um die Zufriedenheit ihrer Soldaten ging. Und die Deutschen sollten dankbar sein gegenüber ihren Befreiern.
Aber weiter dulden konnte man das nicht, schließlich gab es immer wieder Winter, und für die Küche brauchte man das ganze Jahr über Holz. Die Katharina schäumte vor Wut: „Ihr hättet sie verjagen müssen, ihr wart doch viel mehr!“ – „Mit einer Kugel im Kopf verjagt es sich schlecht“, erwiderte der Pitter verärgert. „Die hätten doch nicht wirklich auf euch geschossen“, schimpfte sie weiter. „Auf dich vielleicht nicht, aber… aber…“ Blitzartig stand das Bild vor ihm: Alle, Frauen, Kinder, Männer müssten sich ihnen entgegenstellen, 30 Männer und Jungen, 40 Frauen und Mädchen und all die Kinder, das wäre wie eine mächtige Mauer!
So sollte es also sein. Zuerst hatten die Korlinger Angst. Soldaten, Degen, Gewehre, zimperlich sollten sie nicht sein, hatte man so gehört. In Trier wäre es drunter und drüber gegangen. Aber der Pitter erklärte ihnen, dass es nur schlimmer werden würde mit immer mehr Diebstahl und sie schließlich keinen Wald mehr hätten und keinen Ofen und keinen Herd mehr beheizen könnten. Oh, was für ein furchtbar kalter Winter das war … Also sahen es alle ein, gemeinsam, miteinander, füreinander! Die Kinder stellten sie in die erste Reihe, die kleinsten nach vorne. Da blutete den Müttern das Herz, aber sie standen ja dicht dahinter und hielten die Hände auf die kleinen bemützten Köpfe. In der dritten Reihe dann die Männer, das war ein gewaltiges Bild, könnt ihr mir glauben. Und eines, das zu Herzen ging. Aber man brauchte kein Hasenherz zu haben, um die Situation als bedrohlich und arg gefährlich zu empfinden. Da war kein Unterschied zwischen Frauen, Männern und Kindern, die Beine zitterten, am Hals pochten die Adern, Schweiß brach aus trotz der großen Kälte.
Und jetzt kamen sie auch schon, die sechs Frevler mit ihren Handkarren, lachend und schwatzend – und dann stehen sie vor der Menschenmauer und schauen finster auf die Korlinger. Und dann zücken sie im ersten Ärger die Degen und Pistolen. Aber was sollten sie machen, da standen 100 Menschen und blickten ihnen in die Augen …
Und jetzt wird’s auf einmal unheimlich, ob ihr’s glaubt oder nicht. Denn da singt ein Kind, der Pit ist es, leise das Lied vom „Frère Jacques“. Das passt jetzt so gar nicht hierher, aber es ist das einzige französische Lied, das sie in der Schule gelernt haben. Und dann fallen die hellen Stimmen anderer Kinder ein, und es werden immer mehr. Und dann singen die Frauen mit, und zuletzt brummen die Männer schief und falsch:
„Frère Jacques, frère Jacques,
Dormez-vous? Dormez-vous?
Sonnez les matines, sonnez les matines!
Ding, dong, dong – ding, dong, dong.“
Atemlose Stille herrscht danach, ein kleines Kind weint, eines schluchzt, die Mauer wackelt. „Rétirez!“, brüllt der Anführer, die Degen und Pistolen verschwinden – und die Soldaten auch. Es sind Soldaten, ja. Aber seit wann schießen französische Soldaten auf Frauen und Kinder? Die Revolution ist vorbei. Tatsächlich kamen nie wieder Holzdiebe aus Trier.
Birgit und Bernhard Hoffmann lesen aus den aus dem Trierischen Volksfreund bekannten Pitter-Geschichten, in denen das Leben im 18. Jahrhundert lebendig wird. Held ist darin der Korlinger Pitter, dem es immer wieder gelingt, gegen den Willen der Obrigkeit einen Vorteil für das arme Dorf herauszuschlagen. Dabei ist er ein Vorkämpfer der auch in Deutschland beginnenden Aufklärung und geht gegen Vorurteile und Ungerechtigkeit an. Es finden sich auch Erzählungen, die in Gusterath spielen! Zum Buch hat Christina Bublitz 50 anmutige Illustrationen geschaffen, die sie in Auszügen zeigen wird.
Die Lesung findet am Sonntag, dem 25. September um 17 Uhr im Bürgerhaus Gusterath statt.
Der Eintritt beträgt 3 €, darin ist ein Glas Wein oder anderes Getränk enthalten.
Buch-Beschreibung:
Der PITTER, ein Held aus Korlingen bei Trier. Erzählt werden seine Erlebnisse von der Kindheit bis zum Hereinbrechen der französischen Revolution 1789. So gelingt es ihm beispielsweise, dem Abt der Grundherrschaft St. Martin in Trier eine Kapelle abzuringen, danach auch das gesamte Inventar. Mit List und Beharrlichkeit führt er so manchen weiteren Vorteil für die kleine Ruwertalgemeinde herbei, den Steinbruch, die Weinberge, den Kartoffelanbau u.a. Darüber hinaus hilft er, wo er kann, vermittelt im Streit oder zeigt Klugkeit und Menschlichkeit. Er hat das Herz auf dem rechten Fleck. In 24 Erzählungen entsteht so mit warmherzigem Humor ein ganzes ´Bilderbuch` der kleinen armen Gemeinde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Autorenportrait:
Bernhard Hoffmann, geboren 1951, lebt in Korlingen bei Trier und schreibt seit seiner Jugend. Er war Lehrer für Deutsch und Religion und von 2000 bis 2013 Dozent in den Bildungswissenschaften an der Universität Trier. 2020 erschien "HEIMAT, Korlingen damals und heute".
Buchbestellungen unter:
DER PITTER. KORLINGER GESCHICHTEN I
Sprache: Deutsch
Umfang: 140 S., 50 farbige Illustrationen von Christina Bublitz
Format (T/L/B): 0.9 x 21.5 x 13.5 cm
Auflage: 1. Auflage 2022
Einband: kartoniertes Buch
Erschienen am 03.01.2022
Preis: 18,90.-€ (zzgl. 1,90.-€ Versand, falls nötig)
ISBN: 9 783755 778547
Einfach per Mail bestellen: hoffmann1530@aol.com